(4.4)
Vorbereitung
Im Vorfeld wurden wir mit regelmäßigen Info-Briefen zu Kultur, Sprache, Familie und weiteren Aspekten wie z.B. den Wechselkursen, Versicherung etc. auf den Austausch vorbereitet. Außerdem wurde ein zweitägiges Vorbereitungs-Treffen veranstaltet, bei dem wir mit Returnees aus unserem Gastland und weiteren Ländern sprechen konnten und ihnen unsere Fragen (bzw. verbliebenen Sorgen) stellen konnten. Nach dem Treffen fühlte ich mich viel sicherer und gut vorbereitet, da ich gesehen habe wie bereits andere diesen "Prozess" erfolgreich durchlaufen sind und es anscheinend ja auch überlebt haben. Durch die Briefe und das Treffen wurden alle meine Fragen zufriedenstellend beantwortet. Mal abgesehen von der "Grund-Nervosität" (Wie finde ich mich in der neuen Schule und Familie zurecht? Wie ist es ein halbes Jahr nicht zu Hause zu leben? Usw.) hatte ich deshalb keine weiteren Bedenken mehr.
Betreuung
Sowohl in Deutschland als auch in Australien hatte ich immer mindestens eine und meist mehrere Kontaktpersonen an die ich mich per Telefon/SMS hätte wenden können, wenn ich Probleme oder Fragen gehabt hätte. In Australien habe ich mich auch öfters mit meinen Betreuern vor Ort unterhalten und eine freundschaftliche Beziehung zu ihnen aufgebaut. Sie halfen mir in Australien dabei mit den nötigen Informationen zur Schule, dem Unterricht usw. gleich von Beginn an mich zurechtzufinden und auch bei sonstigen Anliegen konnte ich mich immer direkt bei ihnen in ihrem Büro melden oder habe ihnen eine SMS geschrieben und prompt eine Antwort erhalten. Das Highlight war natürlich die von den Betreuern aus organisierten Surfkurse und Reisen in andere Landesteile.
Schule
Meine australische Schule waren in vielen Aspekten unterschiedlich (positiv gesehen!!!) zu meiner Schule in Deutschland. So handelte es sich um einen breiten Schulcampus, der relativ offen gehalten war, mit vielen kleinen Gebäuden für die verschiedenen Fächer. Außerdem bestand mein Stundenplan in der 11. Klasse nur aus 6 Fächer von denen Mathe und Englisch Pflicht waren und der Rest frei wählbar. So entschied ich mich für Gesundheit, Kochen, Japanisch (was dann leider doch zu schwer war für mich) , Business (inkl. Steuern, Arbeitsrecht) und "Aquatics" (was in meinem Fall aus Schnorcheln und Meeresbiologie bestand) als weitere Fächer, aber es gab noch circa 20 Weitere zur Auswahl. Meine Sportart als siebtes Zusatzfach konnte ich mir ebenfalls aussuchen, weshalb ich erst Schlittschuhlaufen und danach Zumba genommen habe.
Im Unterricht wird fast durchgehend am Laptop gearbeitet und auch wenn die meisten Fächer (vor allem Mathe) viel weniger anspruchsvoll sind als in Deutschland, habe ich dennoch einiges Neues in den ungewohnten Fächern gelernt und kann so z.B. seit Australien doch ganz gut kochen. Außerdem schreibt man statt Arbeiten (die Ausnahme sind die 2-3 großen Prüfungen am Ende des Drittels, die ziemlich einfach sind) wissenschaftliche Facharbeiten und somit lernt man auch wie man ein Literaturverzeichnis anlegt und sich auf Englisch wissenschaftlich ausdrückt.
Die Atmosphäre an der Schule war sehr entspannt und relaxt. So war auch das Verhältnis zu den Lehrern viel persönlicher und direkter und den Leistungsdruck, den man hierzulande manchmal aus dem Unterricht kennt, habe ich dort so gut wie nie erlebt. Die meisten Schüler waren die zahlreichen Gastschüler bereits gewohnt und hatten auch keine Berührungsängste, weshalb ich mich schnell mit sowohl den anderen Austauschschülern als auch den Australiern angefreundet habe und mit ihnen bis heute im Kontakt bin.
Somit kann ich die Erfahrung an einer außerdeutschen Schule mehr als empfehlen, da man meiner Meinung nach unbezahlbare Einblicke in einen komplett anderen (Schul-)Alltag erhält und eine weiter Perspektive "dazugewinnt".
Familie
Meine Gastfamilie hat sich um ihre Pflichten gekümmert, d.h. sie hat mich in den ersten Tagen in der Umgebung "eingewiesen" (bzgl. des Nahverkehrs, den Supermärkten, den Malls etc.), fast jeden Abend für mich gekocht und die Wohnung ordentlich und gepflegt gehalten. Allerdings habe wir beide nach einer Weile bemerkt, dass wir auf einer persönlichen Ebene nicht wirklich zueinander passen, da ich mehr eine aktive Person bin, die die Umgebung erkunden möchte, während meine Familie eher an "häuslichen" Aktivitäten interessiert war und wenig daran sich mit ihrem Gastschüler auseinanderzusetzen. Deshalb habe ich mich nicht wirklich heimisch und ein wenig alleine gefühlt. Im Nachhinein gesehen bin durch diese Erfahrung allerdings selbstständiger geworden, da ich gezwungen auf eigene Faust Australien kennenzulernen und Aktivitäten zu planen.
Nachdem ich meinen Beratern vor Ort von meinen Schwierigkeiten mit der Gastfamilie berichtete, haben wir uns gemeinsam mit ihnen schnell darauf geeinigt, dass ich die Familie wechseln könne, was ich letzten Endes dann auch getan habe. Der Wechsel verlief schnell und problemlos und glücklicherweise hat sich meine Gastfamilie äußerst verständnisvoll gezeigt.
Meine zweite Gastfamilie war viel aufgeschlossener als die Erste und ich habe mich gleich mit allen Familienmitgliedern (inklusive des Hundes) angefreundet. So war ich mit ihnen regelmäßig auswärts essen, habe an "Musik-Bingo-Runden" teilgenommen oder war in einer Trampolinhalle mit den beiden jüngeren Brüdern der Familie. Vor allem ist mir aber das geniale indische Essen des Vaters in Erinnerung geblieben. Wegen der engen Beziehung mit ihnen viel es mir auch schwer mich von meine Familie dort zu verabschieden. Aber der Gedanke, dass ich dort jeder Zeit wieder eingeladen bin, hat mich ein wenig getröstet.