(3.6)
Vorbereitung
Ich bin mit DFSR unglaublich zufrieden gewesen. Bevor ich meine Organisation gewählt habe, war ich auf mehreren Messen - DFSR war nicht nur freundlich und informativ, sondern ist vor allem auf unsere Fragen eingegangen und hat alles verständlich erklärt (ohne uns direkt davon überzeugen zu wollen, sie als Partner zu wählen). Während dem Prozess der Anmeldung hatten wir dieselben Erfahrungen: DFSR war immer bereit unsere Fragen zu beantworten, mich zu unterstützen und mir Tipps für meine Bewerbung zu schicken. Selbst wenn man mehrfach in einer Woche anruft, sind die Mitarbeiter von DFSR für einen da und versucht zu helfen.
Man bekommt relativ viel Post von DFSR, aber das ist überhaupt nichts Schlimmes! Zwei nennenswerte Beispiele sind die Ausfüllhilfe für das J1-Visum, welches uns viel Zeit und Mühe erspart hat, sowie die Mappe, die man kurz vor dem Abflug bekommt und einen wirklich perfekt auf das Jahr einstimmt und Versicherung, Soft-Landing-Camp und die wichtigsten Informationen erklärt und auf den Punkt bringt.
Das Vorbereitungswochenende war auch eine tolle Erfahrung! Nicht nur habe ich Leute kennen gelernt, zu denen ich heute noch Kontakt hatte und die mir während des Jahres auch oft geholfen haben, DFSR hat in einem angenehmen Umfeld, unterstützt durch sog. Returnees in zwei Tagen erklärt, was auf uns zukommt und worauf wir besonders achten müssen. Es war außerdem wirklich interessant, die Mitarbeiter kennenzulernen, mit denen man vorher das halbe Jahr nur telefoniert oder gemailt hat.
Betreuung
Ich habe ja schon im ersten Teil einiges erklärt zur Betreuung von DFSR und dass ich extrem zufrieden war/bin. Allerdings möchte ich auch ein paar Worte über meine Partnerorganisation CETUSA sagen. Ich bin sehr unzufrieden mit dem Service, den ich von CETUSA das Jahr über erhalten habe. Während des Soft-Landing-Camps habe ich erfahren, dass mein Local Coordinator nicht mehr mein Local Coordinator ist und ich nun eine neue LC zugeteilt bekommen habe, welche drei Stunden von mir entfernt lebt (was nicht das Problem war allerdings). Diese Koordinatorin hat mir zuerst nicht auf meine Nachrichten geantwortet (aber auf die meiner Gastmutter), sie war allerdings auch mehrfach während des Jahres im Urlaub, zuletzt von Ende Dezember bis Mitte April. Dazu kam, dass sie altersbedingt verschiedensten Operationen untergehen musste und deshalb nicht Autofahren konnte. Ich habe sie in zehn Monaten zweimal gesehen und, da sie auf meine Nachrichten nicht reagierte, habe ich auch nicht jeden Monat Kontakt mit ihr gehabt.
Schule
Meine Schule war fantastisch! Die einzigen negativen Faktoren sind meine Schuld. Da ich anfangs überhaupt nicht auf Leute zugegangen bin und erst gegen November anfing die außerschulischen Aktivitäten der Schule zu besuchen, hat es relativ lange gedauert, bis ich wirklich gute Freunde gefunden habe. Das bereue ich wirklich, aber vor allem durch Schulfächer wie den Chor oder Clubs habe ich so viele nette Leute kennengelernt, die ich unglaublich vermisse.
Eine andere Sache, die vielleicht zuerst komisch klingt, aber irgendwie Sinn macht ist die Tatsache, dass man als Austauschschüler eher erkannt und angesprochen wird, wenn man einen stärkeren englischen Akzent hat - diesen habe ich nicht und noch nie gehabt. Ich habe nie wirklich damit geprahlt, aus dem Ausland zu sein und deshalb (das haben mir auch viele meiner Freunde dort gesagt), dachten viele Leute ich wäre einfach eine Amerikanerin und neu an der Schule und haben sich dann einfach nicht für mich interessiert.
Der Unterricht ist natürlich total anders, aber die Erfahrung ist so spannend! Die Footballspiele, auf der Bühne mit dem Drama-Club stehen oder auf Turniere an verschiedensten Schulen reisen, mit dem gelben Schulbus fahren, Multiple Choice Tests, einen Computer statt Büchern verwenden - das alles und so viel mehr konnte ich erleben und ich bin unglaublich dankbar. Meine schönsten Momente waren allerdings wahrscheinlich Prom und meine Graduation! Meine Schule war unglaublich toll und hat uns Austauschschülern so viele Chancen geboten. Wir wurden, egal ob 16, 17 oder 18, alle als Seniors gelistet, damit wir alle Kurse wählen konnten, als Graduate über die Bühne laufen konnten, den ACT nicht schreiben mussten, aber konnten trotzdem zum Junior Prom!
Familie
Kommen wir wieder zu einem kritischeren Thema. Meine Gastfamilie war nicht der hammer. Ich lebte bei einer alleinerziehenden, Vollzeit arbeiteten Gastmutter mit einer Tocher und zwei Hunden in der Nähe von Madison, Wisconsin. An meinem ersten Tag in der Familie wurde mir erst erzählt, dass meine gleichaltrige Gatsschwester das Asperger Syndrom hat. Ich habe damit kein Problem, aber finde, dass es falsch und unfair von der Familie war, mir nicht früher davon zu erzählen (ich hatte vor meiner Ankunft schon mehr als zwei Monate Kontakt zu ihnen). Vor allem, da diese vorher schon meine halbe Lebensgeschichte kannten. Die Familie hatte schon viele Gastschülerinnen vor mir, aber damals war noch ein Gastvater dabei; die Eltern sind nun geschieden. Man hat gemerkt, dass die Gastmutter einfach überfordert in der Situation war. Ich habe oft versucht zu helfen, habe so gut wie alles selbst gekauft und wurde ziemlich still, weil ich nicht „nerven“ wollte. Es kam oft zu Reibungen, vor allem da meine Gastmutter neben all ihren Pflichten noch studierte und auch das viel Zeit beanspruchte. Deshalb saß ich oft daheim am Wochenende, was für mich sehr frustrierend war, da die Familie eigentlich meinte, sie würden viel am Wochenende unternehmen und gerne spazieren gehen. Das entsprach absolut nicht der Wahrheit.
Die Gastmutter kam mir im Allgemeinen sehr dominant (vor allem meiner Gastschwester gegenüber) vor, was mich sehr einschüchterte. Dadurch wurde ich bspw. oft so nervös, dass ich mich nicht getraut habe, zu fragen, ob ich mich mit Freunden treffen kann oder wir etwas unternehmen könnten. Ich hätte eigentlich die Familie wechseln sollen, habe auch mit der Gastfamilie und der Koordinatorin darüber geredet, aber da diese nie vor Ort war, gestaltete sich das als so kompliziert, dass ich es am Ende einfach ausgesessen habe.
Was mich außerdem sehr gekränkt hat, ist die Tatsache, dass ich oft das Gefühl hatte, die Beziehung zwischen mir und der Familie würde besser werden, aber dann irgendein Zwischenfall alles wieder zusammenfiel/die Koordinatorin mir aber etwas anderes mitgeteilt hat. Schlussendlich hat meine Gastmutter mir erzählt, dass sie sich unwohl mit mir in dem Haus fühlt teilweise und mich nur bei sich behält weil sie, sich dazu verpflichtet hat, mich aufzunehmen, aber eigentlich komplett überfordert war.
Als meine Eltern in den letzten zwei Wochen kamen (oder auch ihre Schwester über Thanksgiving) war sie ein komplett anderer Mensch, lachte und war extrem freundlich. (Ich denke allerdings am Ende des Jahres war sie dann doch noch allgemein wieder netter und familiärer, auch bevor meine Eltern kamen. Ob es daran lag, weil sie sich freute, dass ich bald gehen würde oder weil sie wirklich glücklicher war, lasse ich mal so stehen.)
Ich habe auch den Gastvater kennengelernt und war mit ihm, seiner neuen Frau, meiner Gastschwester und einem anderen Austauschschüler ein Wochenende im Norden von Wisconsin und dieses Wochenende war unglaublich schön, so ungewohnt entspannt und absolut erwähnenswert.