(4.0)
Mein Name ist Lennart und ich habe im Jahr 2017/18 für 10 Monate lang mit Hilfe von Ayusa in einer Austauschfamilie in Byron, Georgia, USA verbracht.
Meine beiden älteren Schwestern waren bereits mit ähnlichen Austauschorganisationen(Iska und OneWorld) in den USA und waren verglichen mit Ayusa's Leistungen eher enttäuscht.
Ich habe von anderen Austauschschülern viel mitbekommen und habe mich mit Ayusa auch jetzt im Nachhinein stets gut aufgehoben gefühlt und war mit den Leistungen, gerade für den eher geringen Preis, sehr zufrieden.
Ayusa als Austauschorganisation
Ohne ein übertriebenes Loblied singen zu wollen, kann man sagen, dass Ayusa ein sehr gutes Preis-Leistungs Verhältnis hat. Von einem sehr informativen Vorbereitungsseminar in Berlin, das viele der unendlichen Fragen geklärt und einen großteil der Angst genommen sowie eine Menge Spaß gemacht hat, über durchgehend sehr nette und engagierte Mitarbeiter und Betreuer, über einen wunderbaren, das Portemonnaie schonen und die Augen rauskommen lassenden Trip nach New York bis hin zu einer sehr fürsorglichen Betreuung vor Ort(mit zahlreichen Ausflügen wie Großstädte, das Kapitol von Georgia, Disney World, Universal Studios, regelmäßigem Kontakt, Pool-Partys mit anderen Austauschschülern und so weiter bis hin zum anstehenden Nachbereitungsseminar zum Erfahrungen austauschen, hat Ayusa hervorragende Arbeit geleistet.
Probleme im Ausland
Die Auslandserfahrung an sich wird immer starke Höhen und unangenehme, nervenzehrende Tiefen mit sich bringen, daran kann die Organisation nichts ändern und doch ist es Gold wert, in kritischen Momenten eine gute Beratung zur Verfügung zu haben, denn die Eltern können hier nicht helfen. Von all meinen deustchen Freunden und anderen Austauschschülern, die ich kennengelernt habe, hat jeder schwere Zeiten durchgemacht. Einige haben die Familie wechseln müssen. Jeder hat mindestens ein Elternteil oder Geschwisterkind in der Gastfamilie, mit der er andauernd auf Kriegsfuß stand, dazu entweder einen Haufen Hausarbeit, schlechtes Essen oder unangenehme Hygiene-Zustände im Gasthaus: undzwar auch in der zweiten oder der dritten Gastfamilie. Der Schlüssel zu einem glücklichen Auslandsjahr ist immer, das beste aus dem zu machen, was einem vorgesetzt wird.
Umgang mit den Problemen
Ich persönlich bin in eine winzige Stadt ohne jegliche Unterhaltungs- oder gar Transportmöglichekeiten, ohne schöne Landschaft und mit einer alten, winzigen Schule gekommen. Mit meiner christlich-orthodoxen Gastfamilie war ich Sieben Stunden die Wochen in der Kirche und habe jeden Abend eine Menge Abwasch machen müssen. Im Basketballteam wird man die ersten Wochen generell nur ignoriert und man ist Luft für die "coolen" Sportler. Da muss jeder durch. Zahlreiche Haustiere, die nicht immer stubenrein sind, kommen nunmal in den USA öfter vor. Viele hätten gewechselt, aber letztendlich verkleinert das nie den Haufen der Probleme, sondern lediglich die Art der Probleme- irgendwas ist immer!
Ich habe mich zusammengerissen, viel weggesteckt, beim täglichen Abwasch Musik angemacht, den ein oder anderen Hunde-Haufen halt eingesammelt, mich komplett in den Sport reingehängt und durch meine Ambition und hartes Training schnell das Ansehen des Teams erarbeiten können. Bin trotz Übermüdung, Muskelkater und Heimweh weiter offen und freundlich im Unterricht auf andere zugegangen und habe in der Kirche coole Leute der Jugendgruppe kennengelernt, bin der Gospel-Band beigetreten sowie Zuhause die extrem interessanten Seiten meiner Gasteltern entdeckt: Christlich Orthodox, gegen Abtreibung, Umweltschutz, für Krieg und freien Kapitalismus, Abstreiter von Evolution und natürlich Trump-Wähler.
Kompletter Perspektiven-Wechsel. Ich habe noch nie so offene, interessante Menschen wie diese kennengelernt. Mit meinem Gastvater habe ich 3 Tage die Woche bis nach Mitternacht über Politik, Gott und die Welt geredet und auch wenn wir in vielen Sachen(Evolution, Abtreibung.....) nicht immer einer Meinung waren, hat er mir die Augen geöffnet und mir unfassbar viel beigebracht, erzählt und verstehen lassen. Für nichts in der Welt würde ich diese Erfahrungen eintauschen. Ich habe ihn und seine Wahrnehmung der Welt mindestens genau so geprägt wie er mich.
Neben einer Menge Diskussion über Politik habe ich mangels Transport- und Vergnügungsmöglichkeiten in meiner Kleinstadt den Sport zum Mittelpunkt meines Auslandsjahres gemacht: Wie alle amerikaner, wollte ich auf einmal der Beste sein. Nach der Cross Country Saison mit zeitweise 5 Mal die Woche 8 Kilometer rennen fing ich an mit den Footballern Gewichte zu heben(Weight Lifting Class) und anschließend 3 Stunden lang ein unverhältnismäßig hartes Basketballtraining mitzumachen. In unserer Nachbarschaft fand ich ebenfalls ein kleines Basketballfeld, das schnell zum Mittelpunkt meiner Wochenenden wurde: die gesamte Jugend der Nachbarschaft hing dort ab. Zusammen mit meinem gleichaltrigen Gastcousin habe ich dort bei cooler Musik und entspannter Gesellschaft dutzende Stunden in der heißen Südstaatensonne verbracht.
Abschließend habe ich meine Familie so ins Herz geschlossen, dass wir zusammen eine Karibikkreuzfahrt gemacht haben, wir immer noch in Kontakt stehen und meine zahlreichen Gastcousins und Cousinen mich bald in Deutschland besuchen kommen!
Meine Freundin ist ein weiteres Beispiel: Ein etwas verwahrlostes Haus einer eher übergewichtigen Familie, die vorher etwas Bange gemacht hat, den dunklen, kahlen Kellerraum sollte sie sich mit einer etwas komischen Gastschwester teilen, Bett and Bett. Das Haus was sehr dreckig.
Aber es ist immer das, was du draus machst.
Nach ein paar Monaten war das Haus sauber, die Familie ernährte sich unter der Woche sogar vegetarisch und alle fingen an ziemlich abzunehmen, mehr zu kochen! Die strenge Art der Mutter hat sie runterhschluckt, den Gastvater ins Herz geschlossen und mit ihren neuen super Freundin, der Gastschwester, den gesamten Keller gestrichen und eingerichtet!
Fernbeziehung
Außerdem bin ich das Jahr über mit meiner Freundin zusammengeblieben. Für uns hat es gut funktioniert, so hart es auch war... Wir stehen komplett gegen die Statistik- ein Paar aus 10-15 Paaren überlebt diese Geschichte in unserem Alter. Aus meinem Freundeskreis und allen anderen Pärchen, von denen ich gehört habe, sind wir die einzigen, die es geschafft haben. So sehr unsere Beziehung dadurch ein neues wunderbares Level erreicht hat, kann ich diesen Versuch leider keineswegs weiterempfehlen. Man hat dort drüben genug Probleme, die zum Verzweifeln sind, das sich eine über die ersten Monate langsam zerbrechende Beziehung fatal auf das ankommen vor ort, die Laune, das Verhältnis zur Gastfamilie und das finden von Freunden auswirkt. Wir hatten Glück, beide gleichzeitig in den USA ein Auslandsjahr zu machen, mit 7 Stunden zeitverschiebung wären unsere Telefonate undenkbar gewesen.
Als Beste Lösung empfehle ich: Genießt die letzte Zeit zusammen und dann geht gut und so positiv es geht auseinander, macht beide euer eigenes Ding. Schmerzhaft? Ja.
Aber nur die ersten zwei Monate. Der Partner im Ausland wird schnell jede Menge Ablenkung finden. Auch Zuhause geht das schneller Leben weiter als man denkt, 10 Monate sind nicht zu unterschätzen. Selbst wenn Paare die Zeit durchstehen kommt der Partner oft aus dem Ausland wieder und ist auf einmal eine völlig andere Person mit neuen Interessen.. und die ganze Mühe war umsonst. Wenn man sich "getrennt" hatte, aber einigermaßen gut auseinander gegangen ist, dann wiederkommt und sich immer noch klasse findet, steht einem nichts Weg, die Beziehung wieder aufzugreifen! Besuche während der Zeit im Ausland werden von fast allen Organisationen streng unterbunden. Lange Telefonate mit dem Partner Zuhause erzeugen nicht nur furchtbares Heimweh, Übermüdung und Herzschmerz, sondern sind außerdem Gift für die Beziehung mit der Gastfamilie, denen gegenüber du dich nur aufs Zimmer verziehst und ständig traurig, müde und schlecht drauf bist. Verbring die Zeit lieber mit der Gastfamilie! Das schlimmste was man sich selber antun kann ist mehrmals wöchentlich Kontakt nach Hause zu haben.
USA als Ziel fürs Auslandsjahr
Empfehlen kann ich die Staaten Leuten, die sich für die Politik und Gesellschaft der USA interessieren, einen kompletten Perspektivenwechsel erleben wollen.
Außerdem für Sportler. Die Sportbegeisterung ist riesig. Unbeschreiblich. Das Coaching ist hart und extrem effektiv, das Budget reicht bis unter die Decke, Sportler haben Ansehen das bis außerhalb der Schule reicht, der gesamte Landstrich kommt zum Zuschauen zu den Spielen: Als Amateur-Basketballer habe ich inzwischen dutzende male vor mehreren hundert Leuten gespielt. Im Fernsehen wird nichts anderes geschaut. Football, Basketball, Baseball, werden extrem groß geschrieben. Durch das Unterrichtsfach "Gewichte heben" habe ich in 10 Monaten den letzten Speck verloren und trotzdem 4KG an Muskeln zugenommen.
Außerdem Christen, an jeder Ecke sind 3 voll besuchte Kirchen.
Kontra:
Wer bei den USA an Kalifornien, New York und Florida denkt, wird enttäuscht. In Großstädten suchen Organisationen gar nicht erst nach Gastfamilien: Die Kriminalität ist zu hoch und die Leute haben in ihren kleinen Wohnungen eh kein Zimmer frei. Im Regelfall landet man also in Kleinstädten, auf dem Land im Nirgendwo. Das Leben dreht sich um nur die Schule, den Schulsport.
Alles Essen ist fritiert. Alles. Das Gemüse kommt nur aus der Dose, dazu gibts Pommes und Chips. Zum Frühstück süßes Müsli, frisches Brot oder Brötchen sucht man vergeblich. Die meisten Familien kochen nicht. Es wird "der Umwelt zuliebe" nur von Plastik-Wegwerfgeschirr gegessen, um das Wasser und die Seife beim Abwaschen zu sparen, natürlich. Die Restaurantes sind Fast Food mit Selbstbedienung und 3 Liter-Free-Refill Drinks vollgepumpt mit Zucker.
Die Hauptsterbeursache dementsprechend Herzinfakte und Diabetes.
Dementsprechend nimmt man auch zu, wenn man nicht sehr viel Sport macht. Die Mädchen, die dort waren, nehmen durchschnittlich zwischen 8-12 Kilo zu, das meiste ist in Deutschland aber auch schnell wieder runter.
Es gibt keine Öffentlichen Verkehrsmittel. Die Schulbusse sehen süß aus, sind aber der enge, stinkende Horror. Da die Eltern arbeiten hat man oft keine Chance überhaupt Hobbys anzufangen oder vom Schulsport wieder nach Hause zu kommen, es ist unmöglich ohne ein Auto auch nur die Straßenseite zu wechseln. Bürgersteige gibt es nicht.
Der Mittelpunkt der Gemeinschaft sind die Sport-Events der Kinder und die Kirche. Die Jugendgruppen der Kirche sind teilweise extrem cool und der perfekte Ort, Freunde zu finden!
Entschuldigt meine schlechten Worte über die USA. Ich empfinde einen tiefen Respekt und auch irgendwie Liebe für das Land.
Um ehrlich zu sein, empfehle ich ein Auslandsjahr in Südamerika. Die Kosten sind halbiert. Die Kultur ist extrem offen, freundlich, das Essen ist göttlich, die Familien warmherzig, die Landschaft atemberaubend.
Englisch sprechen wir Deutschen nach der 10. Klasse eh schon besser als der Großteil der Welt, im Unterricht mit den Ammies waren wir Deutschen in Englischer Grammatik sogar besser als die Einheimischen Kinder. Aber welcher Deutsche spricht schon fließend Spanisch?!
Von Freunden, die dort waren, habe ich ausschließlich positives gehört.
Die Sprachhürde soll gar kein Problem sein. Die ist in jedem Land gleich und nach zwei Monaten restlos vergessen.
Egal wie du Dich entscheidest- ich wünsche dir viel Spaß im Ausland und tolle, wertvolle Erfahrungen fürs Leben!
Wenn dir mein Bericht geholfen hat, kleb bitte eine positive Bewertung dran :)
Liebe Grüße,
Lennart